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109 Codewords für U.S. Nukleartests (eine virtuelle Reise)

Mit der Explosion des Fregattenvogels hat alles angefangen, am 6. Mai 1962 um 23 Uhr 30 mitten im Pazifik bei Johnston Island. Nicht ganz ein Jahr später, am 15. Februar 1963, zerfetzt es in der Wüste von Nevada ein unschuldiges Streifenbackenhörnchen. Vier Monate danach, am 14. Juni 1963, am hellichten Nachmittag um 14 Uhr 10 und ebenfalls in der Wüste von Nevada, erwischt es einen ganzen Indianerstamm. FRIGATE BIRD, der Fregattenvogel, CHIPMUNK, das Streifenbackenhörnchen, und MATACO, der Indianerstamm: Drei von insgesamt 109 Codeworten der so genannten OPERATION DOMINIC, einer von den Vereinigten Staaten in den Jahren 1962 und 1963 durchgeführten Serie von Nukleartests.

© Copyright: Michael Kanofsky

Und das sind die Codewords der OPERATION DOMINIC:

ADOBE
AZTEC
BLACK
ARKANSAS
QUESTA
FRIGATE BIRD
PACA
YUKON
MESILLA
ARIKAREE
MUSKEGON
SWORDFISCH
ENCINO
AARDVAARK
SWANEE
EEL
CHETCO
WHITE
TANANA
NAMBE
RACCOON
BLUEGILL
PACKRAT
ALMA
TRUCKEE
YESO
HARLEM
DES MOINES
RINCONADA
DULCE
PETIT
STARFISH
DAMAN I
OTOWI
BIGHORN
HAYMAKER
MASH-MALLOW
BLUESTONE
SACRAMENTO
SEDAN
BLUEGILL PRIME
LITTLE FELLER II
STARFISH PRIME
SUNSET
PAMLICO
JOHNIE BOY
MERRIMAC
SMALL BOY
LITTLE FELLER I
WICHITA
YORK
BOBAC
RARITAN
HYRAX
PEBA
TOCITO
ALLEGHENY
ADROSCOGGIN
MISSISSIPPI
BUMPING
ROANOKE
WOLVERINE
BLUEGILL DOUBLE PRIME
CHAMA
TIOGA
BANDICOOT
CHECKMATE
BLUEGILL TRIPLE PRIME
SANTEE
CALAMITY
HOUSATONIC
KINGFISH
THIGHTROPE
ST LAWRENCE
GUNDI
ANACOSTIA
TAUNTON
TENDRAC
MADISON
NUMBAT
MANATEE
CASSLEMAN
ACUSHI
FERRET
HATCHIE
CHIPMUNK
KAWEAH
CARMEL
JERBOA
TOYAH
GERBIL
FERRAT PRIME
COYPU
CUMBERLAND
KOOTANAI
PAISANO
GUNDI PRIME
DOUBLE TRACKS
HARKEE
TEJON
STONES
CLEAN SLATE I
PLEASANT
CLEAN SLATE II
YUBA
HUTIA
APSHAPA
CLEAN SLATE III
MATACO
KENNEBEC

Diese denkwürdigen Worte interessierten uns, und wir wollten mehr über sie wissen. Viele Tiere, durchwegs brave Kreaturen, wurden zu unfreiwilligen Taufpaten für militärisch motivierte Operationen: Zum Beispiel EEL, der Aal, PACKRAT, die im Norden bis Kanada und im Süden bis Guatemala verbreitete Buschschwanzratte, BLUEGILL, der Sonnenfisch Leopomis macrochirus, GUNDI, eine nordafrikanische Rattenart, das australische NUMBAT oder PACA, das „Guinea-Schwein“. Namensgeber für die Codeworte der OPERATION DOMINIC waren auch natürliche Materialien wie der Lehmziegel ADOBE, der BLUESTONE oder der „glatte Schiefer“ CLEAN SLATE, den es gleich drei Mal traf. Der Stamm der SANTEE-Indianer wurde ebenso wenig verschont wie MUSKEGON, ein Wort, das sich aus der Sprache der Cree herleitet und „Sumpflandschaft“ bedeutet. Besonders angetan haben es uns aber die vielen, oft nur winzigen amerikanischen Orte, und die Flüsse und Seen, die sich und ihre zumeist uralten und auf die indianischen Ureinwohner zurück gehenden Namen für einen Nukleartest hergeben mussten. Militärischer Zynismus. Kann sich jemand vorstellen, etwa einen Goldfisch, Großenkneten bei Oldenburg oder die Donau semantisch in Beziehung zu einem Nukleartest zu bringen? Solcherart nuklear inspiriert und mit 15 ausgewählten Codeworten aus der OPERATION DOMINIC im Reisegepäck, unternahmen wir einen ungewöhnlichen Trip durch die USA, eine Entdeckungsreise tief hinein in ein uns unbekanntes Amerika.

Unser erstes Ziel: QUESTA. Unter diesem Codewort wurde am 4. Mai 1962 der dritte Test aus der OPERATION DOMINIC durchgeführt, und zwar um exakt 18 Uhr 01 Greenwich Mean Time (GMT), 15 Meilen südlich von Christmas Island. Ein B-52-Bomber setzt aus 5.230 Fuß Höhe eine Atombombe mit einer Sprengkraft von 670 Kilotonnen ab. (Zum Vergleich: Die „Hiroshima-Bombe“ „Little Boy“ hatte eine Sprengkraft von ) In Questa, einem Touristennest mit weniger als 2.000 Einwohnern und der Postleitzahl NM87556 wird wohl kaum jemand etwas von diesem lange zurück liegenden, spektakulären Vorgang wissen. Questa liegt am Red River, nördlich der Stadt Taos und „in the heart of the Sangre de Christo-Mountains“.Ursprünglich hieß der Ort San Antonio del Rio Colorado, seit 1842 offiziell Questa. Wer fischen, jagen, reiten oder Kajak fahren will, gerne campt und Picknicks veranstaltet oder im Winter Schneemobil fährt, der ist in Questa genau richtig. Empfehlenswert unter anderem: der Columbine Canyon, den man über den State Highway 38 erreicht. Hier wachsen viele Wildblumen, vor allem die „Columbine“, die dem Canyon seinen Namen gab. Seinen Name hat das Städtchens übrigens dem einstigen Postvorsteher, einem Latino, zu verdanken, der misspelled the new village name in the report to the US Postal Department in Washington DC. (Village of Questa, P.O. Box 260, Questa NM 87556, Tel.: 505-586-0694)

Wir bleiben in New Mexico und fahren nach MESILLA. Am 9. Mai 1962 um 17 Uhr 01 GMT wurde der Name dieses am Rio Grande im Süden von New Mexico gelegenen Städtchens als Codewort für Test Nummer 9 der OPERATION DOMINIC verwendet. Wieder war Christmas Island im Pazifik Schauplatz dieser atomaren Explosion mit 100 Kilotonnen Sprengkraft. Wer von El Paso kommt und nach MESILLA will, nimmt am besten die Interstate 10 und fährt rund 40 Meilen Richtung Westen bis zum Exit 140, dann noch eine Meile auf dem Highway 28 bis Calle de Santiago. Mesilla und das Mesilla Valley spielen eine prominente Rolle in der Geschichte des amerikanischen Südwestens. Im 16. Jahrhundert war das Mesilla Valley Heimat nomadisierender Indianer, zum Beispiel vom Stamm der Mansos, aber auch Apachen und andere zogen hier durch, bis die spanischen Eroberer kurzen Prozess mit ihren Pueblos machten. Nach 1800 war die Gegend um Mesilla Siedlungsraum für Spanier und Mexikaner gleichermaßen, um 1850 bereits eine etablierte Kolonie und ihre Bewohner in ständiger Alarmbereitschaft ob der Angriffe der Apachen. Nach dem Mexikanischen Krieg und dem so genannten „Treaty of Guadalupe Hildalgo“ lag Mesilla mitten in einem Fleckchen Niemandsland, das sowohl die Vereinigten Staaten als auch Mexiko für sich beanspruchten. Am 16. November 1854 wurde Mesilla, inzwischen florierendes Handelszentrum, offiziell den Vereinigten Staaten zugesprochen, und auf der Plaza hisste man die amerikanische Flagge. Der wilde, wilde Westen: Auch Outlaw Billy the Kid war mit seinen Kumpels des öfteren in Mesilla, machte die Bars und Tanzlokale unsicher und trank einen über den Durst. Was Billy the Kid kann, das können Sie auch. Zum Beispiel im „Double Eagle De Mesilla“-Restaurant auf der historischen Plaza bei einigen eisgekühlten Bierchen der Marke „Michelada“. Aber machen Sie keinen Stunk wie Billy the Kid. Der wurde nämlich 1881 in Mesilla zum Tod durch den Strang verurteilt. (Double Eagle De Mesilla Restaurant, 2355 Calle de Guadelupe, Mesilla, NM 88046, Tel.: 505-523-6700).

Wir verlassen New Mexico und bewegen uns in den Norden der USA, nach Kansas in das County Cheyenne. ARIKAREE wurde einen Tag nach QUESTA durchgeführt, am 10. Mai 1962 um 15 Uhr 00 GMT auf dem Atomtestgelände in der Wüste von Nevada. Hinter Arikaree verbergen sich ein Fluss und eine Hügelkette, die Arikaree Breaks. Der Name, der sich „uh-rick-uh-rie“ ausspricht, kommt von einem Stamm nordamerikanischer Dakota-Indianer, die am oberen Missouri siedeln und das so genannte Caddo sprechen, eine dem Irokesischen verwandte Sprache. Der Arikaree River fließt von Colorado in die äußerste Ecke von Kansas und dann hinein nach Nebraska. In den Arikaree Breaks gibt es keine ausgebauten Wanderwege und auch keine Möglichkeit zu campieren, dennoch lohnt sich eine Wanderung in dieser einzigartigen Wildlandschaft mit vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten. Ein unschuldiges Fleckchen Erde, bei dessen Anblick man wohl als letztes an einen Atompilz über dem Atomtestgelände in der Wüste von Nevada denkt. (US-Highway 36 Richtung Norden zum Kansas Highway 27; detaillierte Infos über die Arikarree Breaks in St. Francis, 35 Meilen nördlich von Goodland)

Am 12. Mai 1962 um 17 Uhr 02 GMT steht ein 62.500 Fuß hoher Atompilz über Christmas Island: Der 13. Test aus der OPERATION DOMINIC mit dem Codewort ENCINO führt uns wieder in den Süden der USA, und zwar nach Kalifornien, genauer gesagt ins San Fernando Tal. Hier liegt die Gemeinde Encino, 20 Meilen von Downtown Los Angeles und 10 Meilen von Hollywood entfernt. Rund 42.500 Menschen leben in Encino, wo wir auch die mit 1.000 Jahren älteste Eiche (spanisch „Encino“) des Valleys finden. Encino wird im Norden vom Victory Boulevard begrenzt, im Süden vom Mulholland Drive, im Westen von der Lindley Avenue und im Osten vom San Diego Freeway. Wer nach Encino will, kann unter drei Flughäfen wählen (Van Nuys Municipal Airport, Burbank Airport und Los Angeles International Airport) und kommt dann entweder über den Ventura Freeway oder den San Diego Freeway nach Encino. Viele Stars aus Film, Fernsehen und Musik residieren in Encino, vermutlich nicht wissend, dass ihre Stadt bereits im Mai 1962 detoniert ist. Etwa 4.000 Menschen arbeiten in Encino im Versicherungs- und Finanzwesen und im Immobiliengeschäft. Nur 800 MitarbeiterInnen zählt das Handwerk, etwa 4.000 sind im Handel und rund 16.000 im Dienstleistungsbereich beschäftigt. (Encino Chamber of Commerce, 4933 Balboa Boulevard, CA 91316, Tel.: 818-789 –4711)

Der 15. Test der OPERATION DOMINIC – Codename SWANEE, 14. Mai 1962, 15 Uhr 21 GMT, 10 Meilen südlich von Christmas Island – bringt uns zum Swanee River. Er entspringt in den Okefenokee-Sümpfen im Bundesstaat Georgia, windet sich durch Florida und mündet schließlich in den Golf von Mexiko. Der Swanee, Suwannee ausgesprochen, ist etwa 390 Kilometer lang und hat den Komponisten Stephen Foster 1851 zu einem Song inspiriert. Die traurige Geschichte eines von Heimweh geplagten Sklaven wurde schließlich als „The Swanee River (Old Folks at Home)“ die Hymne des Bundesstaates Florida:

Way down upon de Swanee Ribber,
Far, far away,
Dere’s wha my heart is turning ebber,
Dere’s wha de old folks stay.
All up and down de whole creation
Sadly I roam,
Still longing for de old plantation,
And for de old folks at home.

1939 wurde die Entstehungsgeschichte des Songs übrigens auch als Musical verfilmt, mit Don Ameche als Stephen Foster in der Hauptrolle. („Swanee River“, Musicalfilm, USA 1939, Fox-Studios, Regie: Sidney Lanfield, Buch: Philip Dunne, John Taintor Foote)

Unsere Reise geht weiter, Codewort NAMBE, 27. Mai 1962, 17 Uhr 02 GMT, Christmas Island, 43 Kilotonnen: Wir sind wieder in New Mexico und statten dem Pueblo of Nambe einen Besuch ab. Nambe ist etwa 18 Meilen von Santa Fe entfernt, der Hauptstadt New Mexicos. Wir fahren die Bundesstrasse 285/84 nach Norden und biegen nach dem Pojoaque Pueblo rechts ab Richtung Esponala zum Highway 68, dann etwa eine Viertel Meile bis zur Ampel, schließlich rechts auf den National Motorway 503. Dort fahren wir ungefähr 15 Minuten bis wir die Hinweisschilder auf das Pueblo of Nambe und die Nambe Falls Recreational Area sehen. Die Folsom Paleo-Indianer waren die ersten, die hier siedelten, in einem Land, in dem Wasser heilig ist. Erst 10.000 Jahre später, um 1900, wurde ihre Hinterlassenschaft entdeckt: Überreste von Bisonknochen und Waffen. In das Flusstal westlich ihrer einstigen Jagdgründe kamen dann die Anasazi-Indianer, aus denen im frühen 12. Jahrhundert die Pueblo-Indianer wurden, so benannt nach den spanischen Eroberern, die sich beim Anblick der Indianerdörfer an ihre pueblos zuhause erinnert fühlten. Das Pueblo of Nambe wurde im Jahre 1300 gegründet und war so lange kulturelles und religiöses Zentrum für die Indianer bis es von den Spaniern mit „Kreuz und Schwert“ zerstört wurde. Heute hat Nambe etwa 1.200 Einwohner, die vor allem vom Tourismus und von indianischem Kunstwerk leben: Trommeln, Mokkasins, Geschirr und Schmuck. In der Nambe Falls Recreational Area kann man&frau ausgedehnte Touren unternehmen, zum Beispiel den Nambe River entlang bis zu den Wasserfällen. (Pueblo of Nambe, Route 1, Box 117-BB Santa Fe, NM 87501, Tel.: 505-455-2036)

TRUCKEE: Nicht einmal Bürgermeister Ted Owens und sein Vize Josh Susman haben die leiseste Ahnung davon, dass vor über 40 Jahre, am 9. Juni 1962 um 15 Uhr 37 GMT ein Nukleartest gewissermaßen im Namen ihres geliebten Städtchens durchgeführt wurde. Wieder 10 Meilen südlich von Christmas Island und dieses Mal mit einer Sprengkraft von 210 Kilotonnen. Truckee gehört zum US-Bundesstaat Kalifornien und liegt in den Bergen der Sierra Nevada, nahe der Staatsgrenze zu Nevada. Zwischen Stadtgrenze und dem Donner Pass finden wir den Donner Lake mit Badestränden, Beach Volleyball-Courts und Picknick-Plätzen. Aber auch im Winter sind Truckee und der Donner Pass einen Trip wert und ein Paradies für Wintersportler. Die wichtigste All-Wetter-Verbindung in west-östlicher Richtung durch die Sierra Nevada ist die Interstate 80, die auf ihrem Weg zwischen den Bundesstaaten Kalifornien und Nevada auch durch Truckee kommt. Zu den ersten Siedlern der Region zählen Indianer der Stämme Washoe, Maidu und Paiute. Ein Paiute-Indianer war es auch, dem der spätere Name der Stadt zu verdanken ist: Er hieß „Tro-Kay“, aus dem die Weißen, denen er um 1844 als Führer diente, einfach Truckee machten. Neben Bürgermeister Owens und Vizebürgermeister Susman gehören übrigens noch Ron Florian, Beth Ingalls und Craig Threshie dem Stadtrat von Truckee an, der jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat in der Town Hall zusammen kommt. Codename TRUCKEE dürfte dabei wohl kaum auf der Tagesordnung stehen. (Town of Truckee, 10183 Truckee Airport Road, CA 96161, Tel.: 530-582-7700)

Mit dem Codenamen YESO (10. Juni 1962, 16 Uhr 01 GMT, 20 Meilen südlich von Christmas Island, 3.000 Kilotonnen) tauchen wir in das „Grande Nada“ von New Mexico ein, in das „Große Nichts“ einer unendlichen Landschaft. Hier sieht es schon sehr viel eher aus wie nach einer Nuklearexplosion. Yeso ist eine in der Hitze flirrende Geisterstadt. Steppengras rollt sich im heißen Wüstenwind. Irgendwo knarzt eine verblichene Saloontür. Kein Tropfen Regen seit Jahren. Gleich kommt Humphrey Bogart um die Ecke. Wenn Sie den Highway Nummer 60 nehmen, können Sie Yeso so gut wie nicht verfehlen. Benannt ist das Nest, in der nur noch das Post Office in Betrieb ist, nach dem Yeso Creek in der Nähe: Yeso heißt „Gips“ auf spanisch. Ansonsten: Einsame Wüste und unendlicher Horizont, wohin das Auge blickt. El Grande Nada eben. (Yeso, County De Baca, 20 Meilen westlich von Fort Sumner)

Wir bleiben in New Mexico und machen uns auf den Weg nach Otowi, einem unschuldigen Fleckchen Erde im County Los Alamos. Unter dem Codewort OTOWI lief am 21.Juni 1962 der 34. Test aus der OPERATION DOMINIC-Serie (Nevada Test Site, 16 Uhr GMT, 81,5 Kilotonnen). Otowi heißt in der Sprache der Indianer „Tewa pótsuivi“, etwa „Loch, wo das Wasser versinkt“. In früheren Zeiten war Otowi ein Handelskaff, 35 Meilen nordwestlich von Santa Fe und 7 Meilen westlich von San Ildefonso. Unweit von hier findet sich eine der bedeutendsten Pueblo-Ruinen der so genannten Pajarito-Region. Interessant ist auch „The Woman of Otowi Crossing“, eine Oper, die auf dem gleichnamigen Roman von Frank Waters (1902 – 1995) basiert, einem der bedeutendsten Schriftsteller des amerikanischen Westens. Buch und Oper gehen auf die Geschichte einer gewissen Edith Warner zurück, die einst an der so genannten Otowi Crossing in der Nähe von Los Alamos einen Tearoom betrieb, der sich bei den ersten Atomwissenschaftlern ebenso großer Beliebtheit erfreute wie bei den friedlichen Bewohnern des nahen Otowi-Pueblos. (Otowi Station: Science Museum, Shop&Bookstore, 1350 Central Ave, Los Alamos, NM 87544, Tel.: 505-662-9589)

Das Atomtestgelände in der Wüste von Nevada ist in verschiedene Testzonen aufgeteilt. Die so genannte „Area 9f“ der Nevada Test Site war am 18.Oktober 1962 Schauplatz des 20-Kilotonnen-Tests TIOGA. Namenspatron ist ein County im US-Bundesstaat New York, rund 200 Meilen westlich von New York City und 96 Meilen südlich von Syracuse. Von Syracuse erreichen wir das County Tioga über die Interstate 86. Die Städte hier heißen Candor, Owego, Apalachin, North Barton. Tioga wurde 1791 als 20. County von New York gegründet. Einst war das Gebiet Heimat der Cayuga und Onondada vom Stamm der Irokesen. Im Jahre 1784 kam dann ein gewisser James McMaster, ein Veteran der amerikanischen Revolution, in das später Tioga County genannte Gebiet. McMaster war Landwirt und Händler, und schon bald blühte der Handel mit den am Ufer des Finger Lake und des Susquehanna lebenden Eingeborenen. Andere Siedler folgten McMaster: Samuel und William Ramson, Prince and Andrew Alden, Isaac Harris, Sam Brown, Ebenezer Ellis, Pelatiah Pierce, James Cole, Daniel Ball, Elisha Wilson, Ezbon Jenks, Asa Bement, um nur einige zu nennen. Heute kommt Mann vor allem zum Fischen hierher: Der Susquehanna, der Owego Creek und der Catatonk Creek bieten einen großen und artenreichen Fischreichtum und exzellente Angelbedingungen. (Tioga County Tourism, Stella Reschke, Acting Director, Doyle Gibbs, Project Director, 188 Front Street, Owego, NY 1382, Tel.: (800) 671-7772)

Es war im Jahre 1832 als ein gewisser Martin Casselman in einer einsamen Gegend im kanadischen Ontario am Ufer des Little Nation River ein Stück Land kaufte. 1844 kam er mit 40 weiteren Siedlern zurück – und bald entstand das Holzfällerstädtchen Casselman. In den USA ist ein Fluss nach ihm benannt, der Casselman in Maryland. Hier kann man wunderbar Fliegenfischen in Amerika: Bessere Regenbogenforellen als hier, wo findet man die? Östlich von Grantsville spannt die in den Jahren 1813 und 1814 gebaute Casselman River Bridge ihren Bogen über den Fluss. Die kleine Steinbrücke war einst wichtiges Teilstück auf der alten Nationalstraße, die zum Ohio River führt. Die Brücke befindet sich in einer Gegend, die im Jahre 1755 von George Washington, damals ein junger Militärhelfer im Stab des britischen Generals Edward Braddock, Little Crossings getauft wurde. Braddock führte eine Einheit an, die gegen ein französisches Fort kämpfte, das heutige Pittsburgh. Die Einheit querte den Fluss bei Little Crossings – und nahm denselben Weg auch wieder zurück, geschlagen von den Franzosen. 1813 entstand hier der Casselman River Bridge National Park. Sollte es Sie einmal in diese Ecke der Welt verschlagen, dann übernachten Sie doch im „Casselman Valley Farm Bed&Breakfast“, nur 5 Meilen vom County der Amish People entfernt. Wandern Sie im Casselman River Bridge National Park oder im New Germany State Park! Angeln Sie im Deep Creek Lake! Entdecken Sie die historsichen Städte Cumberland und Oakland! Erkunden Sie die Swallow Falls und die Muddy Creek Falls! Der Nukleartest mit dem Codenamen CASSELMAN fand übrigens am 8. Februar 1963 statt. Um 16 Uhr 00 GMT, auf der Area 10g der Nevada Test Site. 20 Kilotonnen. (Casselman Valley Farm Bed&Breakfast, 215 Maple Grove Road, Grantsville, MD 21536, Tel.: 301-895-3419)

Der Stamm der Kaweah-Indianer musste für Atomtest Nummer 82 der OPERATION DOMINIC unter dem Code KAWEAH seinen Namen hergeben: 21. Februar 1963, 19 Uhr 46 GMT, Nevada Test Site. Auch der Kaweah River, der in der Sierra Nevada beim Sequoia National Park entspringt und der von ihm gespeiste Kaweah Lake haben ihre Namen von den Kaweah, die mit anderen Stämmen wie den Yokuts und den Wukchume hier gelebt und gejagt haben. Später kamen die Spanier in diese Gegend, dann die weißen Siedler. Ein Rinderzüchter namens Hale Tharp hat 1856 am Zusammenfluss von Kaweah River und Deer Creek eine Ranch gegründet. Der Lake Kaweah, der eine Fülle von Freizeitmöglichkeiten bietet, entstand durch das Aufstauen des Kawaeh River mit einem Damm, der im Jahre 1962 vom US Army Corps of Engineers fertig gestellt wurde. 1990 wurde ein Kraftwerk gebaut, das 40 Millionen Kilowattstunden Energie produziert. Der Kaweah River fließt zu Füssen der südlichen Sierra Nevada entlang dem Highway 198. Beim Südeingang zum Sequoia National Park kommt der Kaweah an einer kleinen Stadt namens Three Rivers vorbei und endet schließlich im Lake Kaweah. Der Zugang zum Kaweah ist schwierig, da sich das gesamte Land um den Fluss in Privatbesitz befindet. Den einzigen vertretbaren Zugang finden Sie 0,6 Meilen flussabwärts bei der Pumpkin Hollow Bridge, wo der Highway an einer Staumauer dem Fluss sehr nahe kommt. Der Lake Kaweah wird übrigens noch heute von der US Army verwaltet. (US Army Corps of Engineers, Lake Kaweah, P.O.Box 44270, Lemon Cove, CA 93244, Tel.: 559-597-2301)

Codename TOYAH: Über der Area 9ac der Nevada Test Site wirft ein B-52-Bomber am 15. März 1963 eine 20-Kilotonnen-Bombe ab. Es ist 16 Uhr 22 GMT. Den Namen haben sich die Militärstrategen von einem einst netten texanischen Städtchen namens Toyah ausgeborgt. Heute ist Toyah eine Geisterstadt, „a real ghost town“ im Westen von Texas, 20 Meilen westlich von Pecos und 24 Meilen nördlich von Balmorhea. Zu erreichen ist Toyah über die Interstate Nummer 20. In längst vergangenen Zeiten gab es hier Kohlenbergbau, Geschäfte wie den „Ruhrup Drug Store“ , Schulen, Kirchen, Banken und sogar einen weiblichen Baseballclub: „The Toyah Women´s PTA Baseball Team“. Zum „Youngblood Hotel“ gehörte ein Community Center und ein Barber Shop. Toyah war damals auch einer der Haltebahnhöfe der Texas&Pacific Railway. (Toyah, Reeves County, Texas)

Die letzte Station unserer Reise ist auch der letzte in der OPERATION DOMINIC durchgeführte Nukleartest mit dem Codewort KENNEBEC (25. Juni 1963, 23 Uhr GMT, Nevada test Site, Area 2af, 20 Kilotonnen). Namensgeber ist ein 264 Kilometer langer Fluss, der im Moosehead Lake im Nordwesten von Maine entspringt, südwärts fließt und bei Bath in den Atlantik mündet. Erschlossen wurde die Gegend von einem gewissen Samuel de Champlain in den Jahren 1604 und 1605. Zwei Jahre später, 1607, gründete George Popham an der Flussmündung eine Kolonie, Fort St. George, die sich allerdings nicht sehr lange halten konnte. Ab 1625 wurden in der Gegend dann eine Reihe verschiedener Handelsposten aufgebaut. Im Jahre 1775 zog eine von General Benedict Arnold angeführte Expedition den Kennebec (ausgesprochen „ken ´ubek“) hinauf Richtung Quebec. Im 19. Jahrhundert diente der Kennebec als Transportmittel für Nutzholz und Eis, der Schiffbau florierte an seinen Ufern. Heute sind aus ehemaligen Dörfern wie Augusta oder Waterville Industriezentren mit Kraftwerken geworden. Uns gefallen besonders die alten Leuchttürme am Ufer des Kennebec, deren Licht die Schiffe vom Meer aus sicher nach Bath bringen soll: Das „Doubling Point Light“, die „Kennebec River Range Lights“, der 25 Fuß hohe, 1898 erbaute Turm am Squirrel Point und der „Pond Island Light“ an der Flussmündung. (Maine Maritime Museum’s Lighthouse Cruises, 104 Limerock Street, Rockland ME 04841, Tel.: 207-594-031)

Über ein Drittel der 109 Codeworte der OPERATION DOMINIC sind Namen von Orten, Städten, Staaten, Landschaften, Parks, Flüsse oder Seen. 15 Codeworten haben wir einen Besuch abgestattet, viele mussten wir auf unserem Nukleartrip durch neuen US-Bundesstaaten auslassen. MERRIMAC zum Beispiel oder PAMLICO, CHAMA und KOOTANAI.

Aber wir werden wieder kommen, Gründe dafür gibt es mehr als genug: OPERATION UPSHOT-KNOCKHOLE (1953, 11 Tests), TEAPOT (1955, 13 Tests), REDWING (1956, 17 Tests), PLUMBOB (1957, 24 Tests), HARDTACK I (1958, 35 Tests), HARDTACK II (1958, 37 Tests), NOUGAT (1961, 32 Tests), NIBLICK (1963, 27 Tests), WHETSTONE (1964, 36 Tests), FLINTLOCK (1965, 40 Tests), LATCHKEY (1966, 27 Tests), CROSSTIE (1967, 33 Tests), BOWLINE (1968, 30 Tests), MANDREL (1969, 43 Tests), EMERY (1970, 12 Tests), GROMMET (1971, 20 Tests), ARBOR (1973, 7 Tests), BEDROCK (1974, 18 Tests), FULCRUM (1976, 11 Tests), CRESCENT (1977, 19 Tests), TINDERBOX (1979, 15 Tests), GUARDIAN (1980, 16 Tests), QUICKSILVER (1978, 18 Tests), PRAETORIAN (1981, 22 Tests), PHALANX (1982, 18 Tests), FUSILEER (1983, 16 Tests), GRENADIER (1984, 16 Tests), CHARIOTEER, 1985, 15 Tests).

Besonderer Dank an: Lisa Kanofsky, Chris Cotrill, Smithsonian Libraries, National Museum of American History, Washington DC, Paul Adkins, Technical Institute of Naval Studies, Dharan, Saudi Arabia